Oleh & Family
Endlich, bei letztem Abendlicht angekommen!
Eine Frau winkt mir gut gelaunt vom obersten Stock eines sonnenbeschienen Balkons zu.
„Oleh kommt gleich!“
Da taucht er auch schon auf, mit seinem Sohn im Arm. Auf den ersten Blick total sympathisch!
Ich drücke dem Bub die Wasserpistole, welche für die Hundeabwehr gedacht war, in die Hand.
Oleh wohnt in einer Plattensiedlung mit seiner Frau Airina, Teenietochter Nastja, seinen Sohn, den er liebevoll Lebuschka nennt und der kleinen Elisabeth.
Airina und Oleh sind so herzlich, dass ich mich im Wohnzimmer wie zuhause breit mache.
Er hat mich vorgewarnt, dass er am neuen Platz sehr zweckmäßig und ohne Heizung eingerichtet ist.
Zum Leben ist alles da, auch ein großer Fernseher auf dem das Baby Elisabeth ganz gebannt die Szenen von „Shrek“ in englischer Sprache verfolgt.
Dagegen sind das Bad und die Küche ganz einfach zusammengezimmert. Vom Bad gibt es oben und unten Durchbrüche in die Küche. Es gibt einen Wasserhahn der vom Waschbecken in die Badewanne geschwenkt werden kann und einen Haken zum Sichern der Tür.
Oleh ist von Beruf Rehabilitationstherapeut (Ergo- / Physiotherapeut ?).
Mit der Familie ist er hier in die einfache Wohnung umgezogen, weil er den Job in einem Spa-und Kurhotel nicht mehr hat.
Sein Vater war bei der sowjetischen Armee. Und Oleh war wo sein Vater war. In der Mongolei ist er als Kind auf Kamelen geritten.
Zum Abendessen macht Airina „Plinschtiki“ – Pfannkuchen gestopft mit Kräuter-Knoblauchfüllung. Dazu gibt es Smetana (Creme Frêche) und saure Gurken.
Oleh hat mit seiner Frau fünf Jahre in New York gelebt. Erst hat er als Möbelpacker gearbeitet, dann ist er Truck-Fahrer geworden und unter anderem auf der Route 66 unterwegs gewesen.
Weil seine Tochter damals kein Visum bekommen hat sind sie zurückgekommen in Ihre angestammte Heimat. Sein kleiner Sohn Lebuschka ist Amerikaner.
Vor dem Bettgehen spiele ich mit dem mit dem munteren Burschen Monsterjagd (Ein schwarzes Kissen das ihn angreift und das mit der neuen Spritzpistole niedergebracht werden muss. [Im Wohnzimmer wird’s nass :)]
Die große Tochter macht abends noch fleißig ihre Hausaufgaben.
Bei einem Kräuterschnaps sitzen Oleh und ich noch längere Zeit in der Küche.
Vor dem Bett gehen erhitzt Airina ein großes Stück Eisen auf dem Gasherd. Im Familienschlafzimmer verwenden sie das heiße Eisen als Heizung.
Oleh erzählt mir von Zeiten, in denen die Allgemeinheit in der Ukraine wesentlich besser drann war als zur Zeit. Dass von dem vielen Geld, dass manche machen beim Staat nichts ankommt und für die Allgemeinheit nichts abfällt. Früher musste man lange warten, um etwas zu bekommen, aber jeder hatte Anteil an einem langsam steigenden Wohlstand.
Nebenan hat er ein dreigeschossiges Haus mit Balkonen und Vorbau gekauft.
Um dort sein eigenes Business aufzumachen. Das Gebäude befindet sich im Rohbau. Türen und Fenster sind frisch eingesetzt. Leider musste er den Bau für unbestimmte Zeit auf Eis legen. Abgesperrt ist die Baustelle mit einem windschiefen Holzzaun mit fehlenden Latten.
Oleh zeigt sich trotz allem optimistisch und lässt sich von der Gesamtlage nicht runterdrücken! Nebenbei macht er eine Weiterbildung (Studium?) zum Physiotherapeuten.
Stolz erzählt er mir, dass er seit einiger Zeit überzeugter Vegetarier ist und sehr auf gesunde Ernährung achtet. Nebenbei drückt er mir einen selbstgemachten Sodadrink in die Hand!
Mir gefallen seine positive Einstellung und sein wegweisender Lebensstil. Ganz entsprechend sieht er wirklich gesund aus!
Am nächsten Morgen holen wir das versteckte Liegerad aus dem Rohbau. Zum Abschied dreht Oleh noch eine Runde mit Hilfestellung. Und zum guten Schluss lädt er mich zum Weinfest in Vynohradiv ein!
Vynohradiv ist die Stadt des Weins. (Vyno = Wein, Grad = Stadt)
Danke Oleh und Airina für diesen angenehmen Abend mit familiärster Versorgung!